
Wenn Du 10 altgediente Gitarristen fragst …
Ob sie lieber eine 100-€-Gitarre mit einem 1000-€-Verstärker …
Oder eine 1000-€-Gitarre mit einem 100-€-Verstärker spielen wollen …
Würde ich wetten, dass alle 10 sich für den besseren Verstärker entscheiden würden …
Und überzeugt wären, die richtige Wahl getroffen zu haben.
Denn von all den unzähligen Faktoren, die schlussendlich den Klang einer E-Gitarre bestimmen …
Gilt der Verstärker vielen als der wichtigste von allen.
Aber …
Den richtigen zu finden kann knifflig sein … weil ein großartiger Verstärker für eine Person, für jemand anders schrecklich sein kann …
Je nachdem, wofür er benutzt wird:
- Zuhause üben
- Studioaufnahmen
- Liveauftritte
Außerdem … gibt es weitere Faktoren, die berücksichtigt werden müssen:
- Combo-Verstärker oder Stacks
- Kondensator- oder Röhren-Verstärker
- Digitales Modeling
- Verarbeitung der Box
- Lautstärke/Power
Darum schauen wir uns heute diese Themen näher an.
Klingt das gut? Dann fangen wir an.
Als erstes …
1. Combo oder Stack

Wenn Du Verstärker vergleichst, ist das erste, das Dir auffällt:
- Manch bestehen aus 1 Teil
- Manche bestehen aus mehr als 1 Teil
Das bedeutet für Dich:
- Einteilige Amps (Combo-Verstärker) vereinen den Verstärker und den Lautsprecher in einem Gehäuse.
- Mehrteilige Setups (Stacks) haben für jeden ein eigenes Gehäuse.
Typischerweise werden Stacks bei Live-Auftritten in großen Hallen verwendet, weil sie größeren, lauteren Sound liefern.
Das heißt aber nicht, dass Combos nicht ziemlich laut sind … das sind sie nämlich.
Und in Kombination mit ihrer Tragbarkeit und kleinem Preis, wird schnell klar, warum sie die VIEL beliebtere Wahl sind.
Außer wenn Du schon sehr lange spielst und im Lauf der Jahre schon Dutzende Verstärker ausprobiert hast … ODER es einen bestimmten Grund gibt, warum Du etwas so großes und lautes wie einen kompletten Stack brauchst …
Solltest Du Dir zu 95 % einen Combo-Verstärker kaufen.
Als nächstes …
2. Kondensator- oder Röhren-Verstärker

Die häufigste Frage beim Kauf des ersten Verstärkers ist:
Was ist der Unterschied zwischen einem Kondensator- und einem Röhren-Verstärker?
Und welchen soll ich kaufen?
Nun, das ist der Unterschied:
Was den Klang angeht sind Röhren-Verstärker wärmer, haben einen strukturierteren Sound und sind wegen der einzigartigen, natürlichen Verzerrung beliebt, die auf keine andere Weise erzeugt werden kann.
Im Vergleich dazu haben Kondensator-Verstärker einen saubereren, irgendwie „kühleren“ Sound, der nicht unbedingt schlecht … aber deutlich weniger beliebt ist, als der Klang eines Röhren-Verstärkers.
Aber …
Was die Performance angeht, sind Kondensator-Verstärker als modernere Technologie …
günstiger, benötigen weniger Wartung, sind leichter, tragbarer und generell zuverlässiger als Röhren-Verstärker.
Es gibt sogar neue Verstärker, mit einer Mischung dieser beiden Technologien:
- Mit Vakuum-Röhren im Vorverstärker,
- Und Kondensator-Schaltungen im Power-Amp …
Dadurch bekommst Du den klassischen Röhren-Sound mit weniger Nachteilen.
Wichtig ist auch zu wissen, dass die Lautstärke …
Von Röhren-Verstärkern deutliche lauter ist, als bei Kondensator-Verstärkern, wenn alle anderen Faktoren gleich sind (gleiche Lautsprecher, Wattzahl usw.)
Was uns zum nächsten Thema bringt …
3. Lautstärke/Power

Die zweithäufigste Frage, die beim Verstärker-Vergleich gestellt wird ist:
Wie viel Watt brauche ich?
Die meisten gehen von folgender Gleichung aus:
- Mehr Watt = Mehr Lautstärke
Aber die Wahrheit ist viel komplexer und geht weit über das Format dieses Artikels hinaus.
Anstatt Dir also eine Menge Gleichungen und Diagramme zu zeigen, sage ich Dir einfach, was Du wahrscheinlich wissen willst:
Anders als Du vielleicht denkst, ist ein 100 W Verstärker nicht 5 mal so laut wie einer mit 20 W, sondern nur etwa 2 mal so laut …
Was immer noch laut genug für fast alle Anlässe ist.
Darum … als eine SEHR ALLGEMEINE Faustregel:
- Verstärker mit 50 W oder mehr, sind besser für Auftritte in großen Veranstaltungsorten
- Verstärker mit 40 W oder weniger sind besser für Proben, Studio und kleinere Veranstaltungsorte
Und wenn Du eine exakte Zahl für den Anfang willst … 20 oder 30 W geben Dir höchstwahrscheinlich die maximale Flexibilität in jeder dieser Situationen.
Und wenn Du Dich für einen Röhren-Verstärker entscheidest, ist es gut zu wissen, dass Verstärker mit geringeren Wattzahlen den Röhren eine „Sättigung“ und damit eine Verzerrung zu erlauben, ohne dass Du die Lautstärke zu sehr aufdrehen musst.
Darum … als eine weitere, SEHR ALLGEMEINE Faustregel …
Besonders bei Röhren-Verstärkern … ist es besser, zu geringeren Wattzahlen zu tendieren.
Als nächstes …
4. Anzahl und Größe der Lautsprecher

Viele Gitarren-Experten würden mir zustimmen …
Die Anzahl und Größe der Lautsprecher eines Gitarren-Verstärkers …
Haben wahrscheinlich auf den Klang und die Lautstärke mehr Einfluss, als der eigentliche Verstärker.
Ganz wie man es erwartet:
- GRÖSSERE Lautsprecher = mehr Lautstärke
- MEHR Lautsprecher = mehr Lautstärke
Aber größer ist nicht immer besser …
Da kleinere Lautsprecher höhere Frequenzen sogar besser abbilden (während größere bei tiefen Tönen besser sind).
Was die Größe angeht, reichen Lautsprecher von 5 cm Durchmesser, bis zu 38 cm.
Aber der Großteil hat eine von 3 Größen:
- 20 cm
- 25 cm
- 30 cm
Die typische Anzahl ist:
- 1
- 2
- 4
Für Proben ist ein 20 cm Lautsprecher Standard, der zusätzlich den Vorteil haben kann, dass durch weniger Bassfrequenzen Deine Nachbarn weniger gestört werden.
Für Auftritte … sind generell ein oder zwei 25 oder 30 cm Lautsprecher passend für kleinere Veranstaltungsorte. Für größere Veranstaltungsorte sind hingegen vier 25 cm oder vier 30 cm Lautsprecher besser, die oftmals in einem eigenen Cabinet sind.
Für Aufnahmen kann so ziemlich jede Kombination verwendet werden, je nachdem welchen Klang Du möchtest.
Als nächstes …
4. Digitales Modeling

Im Vergleich zu den standardmäßigen Effekten, die man in klassischen Verstärkern üblicherweise sieht …
Wie beispielsweise Federhall und Tremolo …
Bekommst Du mit neueren Verstärkern oft so viel mehr …
Dank moderner Digitaler Modeling Technologie.
Typischerweise bekommst Du heutzutage bei den günstigen bis mittelpreisigen Transistorverstärkern …
Eine Variation dieser beiden Features:
- Digitales Effekt-Processing – ein möglicher Ersatz für alle anderen externen Effekte von Pedalboards und Rack-Units.
- Klassisches Amp-Modeling – das den Klang eines viel teureren Transistor-Amps mittels digitalem Processing nachbildet.
Klingt fast zu gut um war zu sein, oder? Ist es auch, in gewisser Weise.
Ihre Vielseitigkeit macht sich wohl ideal zum Proben und lockere Jam-Sessions …
Aber Profis, die sich leisten können, was sie wollen … verwenden sie in der Regel NICHT.
Weil eine digitale Version des „echten Effekts“ nie so gut klingen wird, wie der „echte Effekt“ (zumindest noch nicht).
Darum gilt besonders für das Aufnahmestudio, wo die Klangqualität das wichtigste ist … ein einfacher Röhren-Verstärker immer noch als ideale Lösung.
In Fällen, wo ein Röhren-Verstärker KEINE Option und Modeling die einzige Möglichkeit ist … kann es besser sein, wenn Du statt dessen Gitarren-Verstärker-Modeling-Software verwendest …
- Das ist günstiger als ein Modeling-Verstärker,
- Bietet viel mehr Ton-Optionen,
- Und nimmt im Studio keinen Platz ein.
Als nächstes …
5. Aufbau der Box

Ein häufig unbeachtetes Feature von Gitarren-Verstärkern ist …
Die Verarbeitung, die viel mehr Aufmerksamkeit verdient, als sie normalerweise bekommt.
Denn … abhängig von mehreren Faktoren, wie:
- Holzart
- Dicke
- Allgemeine Verarbeitung
Der eigentlichen Box können einen ähnlich großen Einfluss auf den Klang haben, wie die Verstärker oder Lautsprecher.
Aber … was die tatsächliche Entscheidung angeht, gibt es nur zwei Möglichkeiten:
Hinten offen? Oder hinten geschlossen?
Als Faustregel gilt …
- Boxen, die hinten offen sind (Open Back) haben einen weniger gerichteten Sound, betonen die hohen Frequenzen mehr und die tiefen weniger.
- Geschlossene Boxen (Closed Back) haben einen mehr gerichteten Sound (weil der Schall nur nach vorne abgegeben wird), was für eine stärkere Bass- und Mid-Range-Präsenz führt.
Im Studio sind offene Boxen oft beliebter, weil sie mehr Flexibilität bieten, was die Platzierung der Mikrofone angeht.
Auf der Bühne sind offene Boxen gut für die Künstler, weil sie sich selbst besser hören können, besonders, wenn es keine Monitore gibt.
Aber geschlossene Boxen sind für die Soundingenieure gut, die sich lieber nicht mit zusätzlichem Sound auseinandersetzen wollen.
Als nächstes …
Der richtige Verstärker für Dich

Jetzt weißt Du über das Thema Bescheid …
Jetzt musst Du Dein neu erworbenes Wissen nur noch anwenden, um einen Amp auszusuchen, der zu Dir passt.
Für die Mehrheit von Euch …
Die einfach nur den günstigsten Übungsverstärker um anzufangen will …
Sind dies die beiden Spitzenmodelle, die ich empfehle:
Wenn Du aber ein bisschen mehr (100−300 €)ausgeben möchtest für einen, der zum Üben und auf der Bühne etwas taugt …
Habe ich hier eine gute Liste mit beliebten Transistor-Verstärkern:
- Fender Champion (20/40/100)
- Fender Mustang (20/100/150)
- Marshall MG (10/15/30/50/100)
- Vox Valvetronix (20/40/100)
Dir wird aufgefallen sein, dass alle bisher empfohlenen Verstärker von Fender, Vox oder Marshall sind.
Das ist kein Zufall …
Es gibt zwar eine Menge anderer Marken, die genauso gut oder gar besser sind …
Aber diese 3 Marken sind für wahrscheinlich über 90 % der klassischen Verstärker der Musikgeschichte verantwortlich …
Davon viele Vintage-Versionen der besten Röhren-Verstärker, die ich empfehle:
- Fender Blues Deluxe – (Amazon/Thomann)
- Fender Hot Rod Blues Junior – (Amazon/Thomann)
- Fender Hot Rod Deluxe III – (Amazon/Thomann)
- Vox Custom AC15 – (Amazon/Thomann)
- Marshall DSL40C – (Amazon/Thomann)
- Fender Twin Reverb – (Amazon/Thomann)
- Fender Princeton Reverb – (Amazon/Thomann)
- Fender Deluxe Reverb – (Amazon/Thomann)
Wenn Du das beste vom besten willst, sei es für Auftritte, Aufnahmen oder zum Üben, sollte jeder einzelne der oben genannten für Dich passen.
Und zum Schluss …
Mini Gitarren-Verstärker

Als spaßigen Abschluss dieses Artikels, möchte ich Dir noch ein kleines Spielzeug zeigen: „Mini Gitarren-Verstärker“
Natürlich würdest Du so einen nie für „echte“ Proben verwenden …
Aber es ist eine nette Spielerei.
- Als Geschenk …
- Um Deine Freunde auf Partys zu beeindrucken …
- Oder um auf Deinem nächsten Roadtrip mit dem Radio mitzuspielen
Klar … sie haben keinen großartigen Sound. Aber das solltest Du auch nicht erwarten … so klein und günstig wie sie sind.
Stattdessen solltest Du Dir nur eine Frage stellen, wenn Du einen aussuchst:
Welcher sieht am coolsten aus?
Entscheide selbst und schau Dir diese an: